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Bei den Erd= und Bauarbeiten, die zurzeit auf dem Hl.=Geist=Platz ausgeführt werden, leuchten öfters helle Menschenschädel und weißes Totengebein aus dem dunklen Erdreich hervor. Mit Schaudern und Staunen sehen es die Vorübergehenden, ältere Leute aber wissen, daß diese Funde bei Erdarbeiten auf dem H.=Geist=Platz an der Tagesordnung sind; denn wir haben in ihm einen alten Friedhof vor uns. Der älteste Friedhof lag in Rheine um die alte Pfarrkirche am Markt. In ihrem Schatten suchten die Vorfahren ihre letzte Ruhestätte, während Adel und Geistlichkeit in der Kirche beigesetzt wurden. Die alten Grabplatten, die früher in der Kirche lagen, hat man heute als Pflaster vor den Türen benutzt. Vor einigen Jahren kam eine schöne Platte mit dem Bild= nis eines kaiserlichen Rittmeisters aus dem Dreißig= jährigen Krieg zum Vorschein, die leider zertört wor= den ist. Manche Bürger besaßen auf dem Kirchhof ein Erbbegräbnis, das ein Annex (Zubehör) ihres Hauses war und mit diesem verkauft wurde, wie alte Kauf= verträge ausweisen. Die Namen, die an der Nordseite der Kirche zu lesen sind, bezeichnen sicherlich die Be= sitzer der damaligen Gruften. Der Raum auf dem Kirchhof war enge und bot keinen Platz für Anlagen und Blumenschmuck. War der Kirchhof belegt, so wurden die alten Grabstätten |
wieder benutzt und die ausgegrabenen Gebeine im Beinhaus untergebracht. Auch hier hat gewiß ein sol= ches Beinhaus bestanden, wenn es auch nicht nachzu= weisen ist. Eine schöne Erinnerung an den alten Kirch= hof ist die prächtige Friedhofslaterne an der Außen= seite der Chorwand. In der mit gotischem Maßwerk verziertn Nische brannte fürher Tag und Nacht ein Licht. Die Kreuzigungsgruppe an der Südseite der Kirche ist die Nachfolgerin des alten Friedhofkreuzes, das auf einem 200 Jahre alten Stadtplan an dieser Stelle eingezeichnet ist. Kamen aber Krieg und Großes Sterben über die Stadt, dann reichte der Friedhof nicht aus, und es stellten sich unwürdige Zustände ein. Das war beson= ders im Jahre 1624 der Fall, als nach der Einnahme der Stadt die Anholtschen Truppen eine pestartige Seuche eingeschleppt hatten. Es mußte ein neuer Friedhof beschafft werden, und der Magistrat nahm dafür den Hl.=Geist=Platz in Aussicht. Ein Begräbnis außerhalb der Stadtmauern war für unsere Vorfah= ren undenkbar. Der Platz gehörte dem Landesherrn und war für 2 1/4 Taler an das alte Hospital zum Hl. Geist verpachtet. In seiner Eingabe an den Fürsten bemerkte der Magistrat, daß "der Kirchhof etliche= mal in Jahresfrist umgegraben worden ist,was viele Krankheiten verursacht hat". Der Fürst überließ der Stadt sogleich den Platz gegen eine geringe Jahresrente,der am 17. August 1625, an einem Sonn= und Kirmestag feierlich eingeweiht wurde. Durch dise Neuerung wa= ren endlich menschenwürdige Zustände geschaffen. Auch jetzt war der Raum noch knapp, und Prof. Darpe berichtet, daß man vor einigen Jahrzehnten an der Grenze des Platzes eine Art Massengrab gefunden habe. Sollte dieses vielleicht aus der Pestzeit oder von einer Katastrophe herrühren? Kirchhof und Hl.=Geist=Platz blieben Friedhof bis zur Franzosenzeit. Die französische Behörde erließ die vernünftige Verordnung, die Friedhöfe aus der Stadt herauszulegen. Im Auftrage der Stadt und des Kirch= spiels erwarb man von Otto Beckering dessen Garten an der Steinstraße - heute Salzbergener Straße - gegen eine jährliche Erbpacht von sechs Ta= lern und vier Groschen. Damit war der Friedhof ge= schaffen, auf dem Erbbegräbnisse noch heute benutzt werden und dessen Denkmäler die Namen vieler be= baoll nao Beckerings Gaoden", sagen alte Leute, wenn ihnen Todesahnungen kommen, und sie beweisen damit, daß die Geschichte des Erwerbs noch heute im Volke lebendig ist. Die Einwohner der Bauerschaft Bentlage wur= den nicht in der Stadt beerdigt, sondern im Binnenhof (Quadrum) des Bentlager Klosters. Der Grabstein eines Schulte Berning ist noch in der Wand des jetzigen Schlosses zu sehen. Mit der Aufhebung des Klosters verloren die Bentlager dann auch ihre eigene Begräbnisstätte. Totengebein, das man auf dem Vor= platz des Rathauses im Boden findet, rührt von dem Klosterfriedhof der Franziskaner her. Möge überall dort, wo der Spaten auf alte Gebeine stößt, den Gebeinen der Vorfahrn die Ehrfurcht ge= zollt werden, die der deutsche Volkscharakter fordert. |