Als am 10. August 1816 der Kreis Steinfurt gebildet wurde, umfaßte die Bürgermeisterei Rheine außer der Stadt die vier Gemeinden Elte, Mesum, Rheine links der Ems und Rheine rechts der Ems. Nach der Gemeindeordnung vom 11. März 1850 wurden die vier Landgemeinden zum Amt Rheine zusammengefaßt, wie es noch heute besteht, abgesehen von den 1927 zur Stadt Rheine ausgemeindeten Teilen der Gemeinden Rheine rechts und links der Ems. Eine Änderung der Grenzziehung zwischen Stadt und Amt war wegen des starken Anwachsens der Textilindustrie im Stadtbezirk unumgänglich notwendig geworden. So ist im Amtsbezirk Rheine der ursprüngliche Zustand erhalten geblieben, nämlich der, daß das Amt die vorwiegend bäuerlichen Bezirke im Nordosten unseres Kreises unter einheitlicher Verwaltung zusammenfaßt.
Heuernte in Elte
Foto: Otten, Rheine
Elte war ursprünglich eine Bauerschaft von Rheine. Die ältesten
geschichtlichen Nachrichten gehen auf das Jahr 1154 zurück. Damals schenkten
Everhard von Ulevelt dem Kloster Asbeck zwei Erben (mansi) im Kirchspiel
Rheine "in villa que Elethe dicitur". Die Bauerschaft Heine heißt 1281
Hone, später Hoene und Heune. Die dritte Bauerschaft war der Brelager
Hok, 1373 Bredenlage, Brelage, ursprünglich Anestorp genannt.
Gegen Ende des 13. Jahrhunderts hatten die Edlen von Steinfurt zur Sicherung
ihrer jagdlichen und finanziellen Interessen in der Bauerschaft Heine eine
steingefügte Veste, die Schwanenburg, errichtet. Das Schloß lag
auf dem rechten Emsufer, bei der zu Mesum gehörenden Glödenwiese.
Nach Vollendung des Baues hatte man einen Emsarm so um die Burg geleitet,
daß sie auf einer Insel lag und nur über eine Zugbrücke betreten
werden konnte. 1309 wird die Schwanenburg als Residenz der Steinfurter urkundlich
genannt. Aber schon 40 Jahre später wurde sie vom Bischof Ludwig II,
und dem Grafen von der Mark völlig zerstört. Der Landesherr konnte
hier eben keine fremde Festsetzung dulden. Die Steine der zerstörten
Schwanenburg sollen dann der Überlieferung nach zum Bau der "nova capella",
der heute noch stehenden alten Mesumer Kirche, benutzt worden sein. An die
Burg erinnert in Elte noch der "Burggraben", ein Hohlweg, der von der Kirche
zur Ems führt.
Dorfkirche in Elte
Foto
Otten, Rheine
Elte wird 1559 zuerst als selbstständige Gemeinde bezeichnet. Bis dahin
gehörten die drei Bauerschaften zu Rheine. Aber erst 1661 konnten die
Elter Bauern beim Bischof Christoph Bernhard von Galen die förmliche
Abtrennung von Rheine durchsetzen, wofür sie freilich der Kirche von
Rheine eine Abfindung von 350 Talern zahlen mußten. Die 1668 erbaute
schöne Dorfkirche mit dem reizvollen Giebelturm wurde 1925 mit gutem
Geschmack erweitert.
In früheren Jahrhunderten ist die Elter Gegend sehr holzreich gewesen.
Aber schon 1571 wurde im "Elter Brok" kein Holz mehr gehauen. Für uns
ist noch heute ein Bericht des bischöflichen Amtmanns vom Falkenhof
in Rheine wertvoll, weil er uns Familiennamen angibt, die zum Teil noch im
vorliegenden Adreßbuch vorkommen. Danach waren folgende Bauernhöfe
im Elter Brok markenberechtigt: De Richter hoff (Richter-Renger), Walterdinck
(Walter), Schulte to Elte , Eggerdinck (Eggert), Lambertinck (Lammerding).
Treckeling (?), Tigman (Thiemann), De Wedem hove (Pfarrhof).
Aus Heine werden 1571 genannt:
Vodeler (Fiedler), Nierman (Niemer), Willerinck (Willer), Overesch, Vuncke,
Lambertinck (Strotmann ?), Lampe, Engelbert (Werning?), Herm. Engelbertinck
hues (Engbert), Haneke, Hinrekinck (Hinterding-Hagedorn), Gerdinck
(Gehring-Sommer), Gerbertinck (Wiesmann ?), Dat Eecksell (Exeler-Funke).
Noch heute liegen diese uralten Höfe im Kranze stämmiger Eichen
in der weiten Landschaft. Und noch mancherorts findet man sich des Abends
nach vollbrachter Arbeit im Scheine des Herdfeuers zusammen zu gemeinsamer
Aussprache über Arbeit und Planen für Hof und Dorf. Und wer in
Elte einmal einen Abend am Herdfeuer erleben will, der komme in eine der
beiden däftigen Gaststätten in diesem reizvollen Dörflein,
am besten an einem regenschweren Herbstabend, wenn der Wind im alten Kamin
spukt und poltert. Der Naturfreund aber kehre im Sommer ein, wenn die hellen
Nächte weit über Ems und Heide stehen und die verwehten Tannen
in den Dünenfeldern erzählen vom ewigen Werden und Vergehen dieser
friedvollen Landschaft.
H. Reckels (Rheine)
Altes Bauernhaus in Heine (Elte)
Foto Otten, Rheine
Verwehte Eichen
In den Elter Dünen
Foto Dr. Süß, Mesum
Eine zwar nicht seltene, aber darum doch interessante Naturerscheinung im
Gebiet der Münsterschen Ebene sind die Dünen. Das größte
Dünengebiet Westfalens ist die Senne. Von hieraus begleitet eine große
Anzahl von Dünenfeldern den Lauf der Ems bis weit ins Norddeutsche Flachland
hinein, und zwar vorzugsweise auf dem rechten Emsufer. Die schönsten
und auch wohl interessantesten von ihnen birgt das freundliche Dörfchen
Elte in seinem Flurgebiet.
Drei Dünenfelder in Größe von ungefähr 10, 6 und 5 Hektar
sind hier zu Naturschutzgebieten erklärt worden. Im Schutzgebiet
"Hellhügel", südlich des Dorfes, bewundert der Besucher
hauptsächlich die Höhe der Dünen, die wahrscheinlich bald
nach der Eiszeit, als noch keine Wallhecken und Wälder den mächtigen
West- und Südweststürmen den Weg ins Land verwehrten, hier aufgeweht
wurden. Jetzt liegen sie still, bewachsen mit Wacholder und Birke, mit Heide
und genügsamen Gräsern.
Wesentlich anders ist der Charakter der beiden Dünengebiete im "Wilde
Weddenfeld", nordöstlich des Dorfes Elte. Zwar reichen hier Dünen
in ihrer Höhe nicht an das Hellhügelgebiet heran, aber sie haben
dafür noch mehr den Charakter der Ursprünglichkeit. Stellenweise
ist der Sand noch in Bewegung; zur Zeit der Frühlings- und
Herbststürme bekommt der Wind wieder Macht über ihn und bläst
hier eine tiefe Mulde aus, dort unterhöhlt er den Standort einer Kiefer,
oder er deckt sie nach und nach mit dem feinen Quarzsand zu, langsam ihren
Tod vorbereitend. So gibt es in diesem Gebiet also noch Wanderdünen,
und diese Tatsache ist es, die dem Wilde Weddenfeld von seinem
ursprünglichen Charakter bewahrt hat. Denn alle diese Dünen sind
anfangs Wanderdünen gewesen, aber nach und nach zur Ruhe gekommen, je
mehr sich auf ihrem kargen Boden die Pflanzen ansiedelten, die mit ihren
unterirdischen Teilen den so leicht beweglichen Sand festhielten und an seine
Stelle banden.
Naturdenkmale im Amtsbezirk
Rheine
Reichenbach (Rheine)
Alte Fähre bei Mesum
Foto Otten,
Rheine
Das freundliche Mesum verdankt seinen Aufschwung zwei wichtigen Tatsachen. 1856 wurde die Eisenbahnlinie Münster-Rheine eröffnet und Mesum somit früh in das nun entstehende Verkehrsnetz einbezogen. Zum anderen aber blühte hier seit 50 Jahren die Textilindustrie empor, die vielen Mesumern Arbeit und Brot gibt.
In seinen Anfängen weist Mesum in das 10. Jahrhundert zurück. Schon
vor 993 gehörte die "curia Mesehem" zum alten Dom in Münster. 1155
wurde ein Streit wegen dieses Hofes zwischen dem Bischof und dem Domkapitel
zugunsten des Bischofs Friedrich entschieden. Außer der "curtis Mesem"
(Schulte Mesum) waren 1340 noch zwei andere Erben abgabepflichtig. 1345 erhielt
der Domdechant das Besetzungsrecht der auf dem Grunde der "curia to Meseheym"
gegründeten neuen Kapelle. Nach alter Überlieferung sind zu dem
Bau dieser Kirche Steine von der 1343 durch den Bischof Ludwig II in Verteidigung
seiner landeshoheitlichen Rechte zerstörten Schwanenburg verwendet worden.
Diese Kapelle ist nachweislich die noch auf dem Friedhof vorhandene alte
Kirche, die später wohl erweitert wurde, denn 1373 wurde Mesum kirchlich
eine selbstständige Gemeinde. Doch blieben gegenüber der Rheiner
Kirche, wovon Mesum abgezweigt wurde, noch lange gewisse Abhängigkeiten
bestehen.
Im 15. Jahrhundert gehörte das Mesumer Gebiet zur großen Mark,
welche auch wohl das "Frische Holt" genannt wurde. Nach der Markenrolle von
1469 waren folgende Kolonate an dieser sehr umfangreichen Markgenossenschaft
anteilberechtigt:
Ecbertinck (Höping), Hinriking (Hinterding), Langemann, Glodes hues
(Glöde), Gerd Hespinck, Borcherdinck, Wichmodinck (Wieching), Gronewey
(Gröne), Johanninck, Schür hues (Schürmann), Herderkinck
(Herking), De hof to Mesem (Schulte Mesum), Eggerdes hues (Eggert), Eßkinck
hof. de Steker (Stecker), Koninges hues (König), De Wedemhove to Mesum
(Pfarrhof).
Während des beklagenswerten Dreißigjährigen Krieges zogen
Tilly und der Graf von Anholt im August 1632 plündernd durch Mesum,
und viele geflüchtete Einwohner fanden bei ihrer Rückkehr ihre
armseligen Häuser in Trümmer und Asche.
Emslandschaft bei Mesum
Foto Otten, Rheine
Aus dem Jahre 1708 ist ein Verzeichnis der Familien von Mesum erhalten. Es
seien daraus die heute noch bestehenden Namen mitgeteilt, die schon zum Teil
im 15. Jahrhundert vorkommen:
Küster Hermann Veltmann, Schullehrer Hermann Brüning, Hermann Feltmann,
Hermann Heitkemper, Joh. Herking, Joh. Stecker, Bernh. Könning, Anton
Schürmann, Hermann Schulte, Joh. Eggers, Bernh. Hasweg, Jodokus Hasweg,
Joh. Elperting, Bernh. Hinterding, Joh. Glöde, Bernh. Hesping, Laureatius
Wiching, Bern. Gronewey, Bernh. Borcharding.
Es folgen die Landleute: Joh. Niemers, Bern. Rensen, Familie Niemer, Georg
Hölscher, Bern. Jörgens, Joh. Könning, Jakobus Schüer,
Joh. Herm. Schomaker, Gerh. Wenker und sein Mieter Poll und Witwe Marg. Eckers,
Bern. Schoppen, Gerh. Beunken, Israel Hinterding nebst Mieter Witwe Anna
Reckers, Heinr. Bröckers, Joh. Pollmann, Bern. Kaldefischer, Petrus
Elbers, Joh. Kampell, Gerh. Kulman, Joh. Wether, Bern. Schulte, Witwe Katharina
Schmale, Bern. Poll, Joh. Schoppen, Heinr. Möllers und sein Mieter Heinr.
Rensen, Henrich Engelen nebst Mieter Herm. Schipker, Familie Spieker, Joh.
Eggers, Joh. Gerding nebst Mieter Kath. Oekkers, Gerh. Bramers. Die
Gesamteinwohnerzahl von Mesum betrug damals 416. Das war im Jahre 1708. Politisch
gehörte das Dorf zum bischöflichen Amt Rheine-Bevergern. Durch
die Säkularisation kam Mesum an das Herzogtum Rheine-Wolbeck, dessen
Regent der Herzog von Looz-Korswarem in Bentlage bei Rheine war. Nach der
unglücklichen Napoleonischen Zeit (1806-1813) folgte endlich der
Übergang an Preußen. Das 19. Jahrhundert brachte den gewaltigen
Aufschwung auf allen Gebieten. Der Weltkrieg und die Inflation hatten schwere
Rückschläge zur Folge. Aber seit der Machtübernahme durch
den Führer geht es auch in Mesum wieder glückhaft aufwärts.
H. Reckels (Rheine)