Die Bauerschaften der Gemeinde Rheine links der Ems

Die Gemeinde Rheine links der Ems umfaßt die Bauerschaften: Catenhorn, Dutum, Wadelheim und Bentlage.
Die ältesten Siedlungen von Catenhorn und Hauenhorst lagen etwa in der Mitte der Bauerschaften um die Esche, jenen ältesten hochgelegenen Ackerböden, die ursprünglich im Besitz der Allgemeinheit - der Sippe - standen, Esch - mundartlich Esk - gotisch atisk = Fruchtland. Am Südrand liegen die Kämpe, durchweg geringere Böden, zweifellos erst nach der Römerzeit in Bewirtschaftung genommen und von jeher persönliches Eigentum. Die Unteilbarkeit der Höfe und die Hörigkeit bewirkten unveränderten Bestand der Bauerschaften durch Jahrhunderte. Die erste grundlegende Änderung brachte die Teilung der ältesten "naturgemäßen" Verbände, der Marken. Catenhorns Bauern waren an 3 Marken berechtigt. Dabroker Mark geteilt 1826, Binnen- oder Listmark geteilt 1842, Große Mark geteilt 1843. Ungefähr 50 Prozent der Höfe stammt aus Markengrund. Für Hauenhorst gelten die gleichen Verhältnisse. Die allgemeine Verbreitung der künstlichen Düngemittel bewirkte eine weitere Umgestaltung. Sie ermöglichte landwirtschaftliche Nutzung bislang fast wertloser und größtenteils nur dem Plaggenhieb dienender Flächen. Die um 1900 einsetzenden Kultivierungen wurden wesentlich beschleunigt durch den Krieg. An den Einsatz von Kriegsgefangenen erinnert die Flur "Ant Lager" am Hessenweg, im Besitz des Bauern Wigger, Catenhorn 25, bzw. Schulte Werning, Catenhorn 1. Die Vergrößerung und Ertragssteigerung der landwirtschaftlichen Nutzfläche machten umfangreiche Neubauten notwendig, die sich aber, dem praktischen Sinn des Bauern entsprechend und aus geldlichen Notwendigkeiten heraus, in der Regel zunächst auf Stallungen und Scheunen erstreckten. Catenhorn behielt bis heute sein bäuerliches Gesicht, es weist in den letzten 50 Jahren nur an den Rändern einige Neusiedlungen auf. Ganz anders war die Entwicklung in Hauenhorst. Die Bahnlinie Rheine-Münster und Rheine-Oberhausen hatten manches Erbe arg zerstückelt. Die 1910 begonnene Anlage des Verschiebebahnhofes ließ den Hof Hovekamp vollständig verschwinden, andere mußten wesentliche Teile an den Fiskus verkaufen. Bauer Hovekamp ist jetzt Besitzer von "Hilbers Hoff" in Neuenkirchen. Die Einrichtung der Haltestelle Hauenhorst im Jahre 1902, die Nähe der 1901/02 erbauten Kirche, der Verschiebebahnhof mit seinen Verdienstmöglichkeiten hatten schon vor und bald nach dem Kriege eine Reihe von Neusiedlungen im Gefolge. Neben diesen Einzelsiedlungen traten dann 1929 die Bauten der Eisenbahnbaugenossenschaft mit 11 Wohnungen und ab 1936 die Siedlung der Firma Hammersen, die in Kürze 26 Wohnungen zählen wird. So entwickelt sich Hauenhorst allmählich zu einer geschlossenen Ortschaft, in der die Landwirtschaft schon heute zahlenmäßig in den Hintergrund tritt.
Die politische Geschichte der Bauerschaften deckt sich mit der Geschichte des Amtes Rheine. Zur Zeit des Hochstiftes Münster bildeten Rheine Stadt, Rheine links der Ems, Rheine rechts der Ems, Mesum und Elte das Amt Rheine-Bevergern. Der Friede von Luneville brachte 1801 Rheine-Bevergern zu Preußen. 1803 übernahm der Herzog von Looz das Gebiet links der Ems. 1806 bei der Besetzung durch die Franzosen wurde Rheine dem Großherzogtum Berg zugeteilt, 1811 dem französischen Kaiserreiche einverleibt. 1815 kamen die Gemeinden unter preußischer Herrschaft zum Kreise Steinfurt. Es folgte 1818-1850 gemeinsame Verwaltung mit der Stadt Rheine. Die Gemeinde- ordnung von 1850 bildete ab 1851 die Grundlage für die gemeinsame Verwaltung der Gemeinden Rheine links der Ems, Rheine rechts der Ems, Mesum und Elte als Amt Rheine.
H. Mevenkamp (Catenhorn).

Dutum

Zwischen Thieberg und Waldhügel in der sogenannten Dutumer Mulde liegen still und verträumt, eng zusammengekuschelt die Höfe der alten Gemeinde Dutum. Örtliche Verhältnisse zwangen dazu, die Wohnungen so nahe zusammenzulegen, wenn auch der westfälische Bauer es von jeher liebte, seine Wohnung inmitten seiner Gründe aufzubauen. Zunächst gebot es die Schwierigkeit der Brunnenanlage, die in diesem Wohnugsbereich am günstigsten war. Und doch soll Dutum viel an Wassermangel gelitten haben; es war dann auf die Ems angewiesen. Die Bewohner der Gemeinde benutzten dann einen gemeinsamen Weg, der noch heute unter dem Namen "Waterweg" (Wasserweg) bekannt ist. Noch ein anderer Umstand mag die Lage der Höfe mit bestimmt haben. Hier ist die windgeschützteste Ecke der im Frühjahr und im Herbst von heftigen Stürmen vielfach schwergeprüften Dutumer Mulde. Die Gemeinde Dutum scheint sehr alt zu sein. Volmer will in Dutum die Wohnung des Tiu erkennen. Zu Dutum rechnet man auch Uppe der Lache und lüttike Dutum. "Uppe der Lache" wurde im Laufe der Zeit zum Teil von der Stadt erworben und bewahrte seinen Namen in der städtischen Besitzung "Up de Lauge". unter Lüttike- oder Klein-Dutum ist der Hof Dutum zu verstehen, der längst parzelliert ist und an den "Dutums Hütten" (Heuerleute) noch erinnern. Alte markenberechtigte Höfe waren schon im Jahr 1400 Lucemannshues-Leusmann, Hesseling, Brünink, Lodelwink-Lürwer, dat Nienhues, Herdemaken Hues, Henriking, Ewert von Dutum, Grevenstein und de Wedemhof (Pfarrhof). Heßling Hof war 1335 dem Lüdike von Hacke eigen, Brüning dem Burgmann Valke in Horstmar eigenhörig. Der Wedemhof war im 16. Jahrhundert dem Edlen von Stael eigen. Nach einem im Staatsarchiv zu Münster aufbewahrten Heberegister aus dem 16. Jahrhundert zahlten 10 Dutumer Bauern dem Pfarrer zu Rheine das jährliche Meßkorn, und zwar je einen Scheffel Gerste. Nach einer aus dem Jahre 1448 stammenden Urkunde kam der halbe Lürwersche Hof an das Hospital zu Rheine, und das ist bis jetzt Rheiner Armenbesitz geblieben. Zu Kriegszeiten hatte Dutum immer viel zu leiden, da die fremden Truppen auf der Lauge bei Dutum meist ihr Lager aufschlugen. Arg wurde es im Dreißigjährigen Kriege mitgenommen. Hieran erinnert noch die Schwedenschanze in der Nähe der Dutumer Gehöfte. Leusmanns Hof wurde ein Raub der Flammen fremder Kriegsvölker, in denen eine Tochter des Hauses ihr Leben verlor. Böse Gäste waren auch in vergangenen Jahrhunderten die Wölfe, die sich gerne auf dem Waldhügel aufhielten und sich in Winternächten vor Kälte und Hunger auf den Dutumer Gehöften lagerten. Über die dem Fürsten zu Rheina-Wolbeck zu leistenden Spanndienste bewahrt Hesseling noch interessante Prozeßakten aus dem Jahre 1823 auf, die von dem harten Druck der Frondienste der Bauern noch aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zeugen. Eine Schule besteht in Dutum erst seit 1910.
Meyering (Rheine).

Wadelheim

Eine große und schöne Bauerschaft der Gemeinde Rheine links der Ems ist Wadelheim. Hat der Lenz seinen Einzug gehalten, sind die Wiesen mit einem neuen, von bunten Blumen durchwirkten grünen Teppich geschmückt, streichelt die wärmende und leuchtende Sonne mit ihren Strahlen kosend die frisch-grünen Kronen der Wälder und Wallhecken und rinnen die im Winter erstarrten Bächlein wieder murmelnd gen Norden, dann ist Wadelheim ein Paradies von Naturschönheiten, das von vielseitigem Vogelgesang widerhallt. Am Thieberge sprudeln frische Brünnlein zu Tage, von denen die nie versiegende "Wolters Biönne" nahe der Wirtschaft Stockmann sehenswert ist. Brodelnd und gurgelnd halten hier mehrere nebeneinanderliegende Wasseradern den Wellsand in stetig tanzender Bewegung. Jellinghaus deutet "Wadelheim" in "Westfälische Ortsnamen" "dürftiges Heim". Heinrich Vollmer nennt es in "Stadt und Amt Rheine" Wodansheim. Der älteste und Haupthof ist der Schultenhof, der zugleich Träger des Ortsnamen war. Schon früh im Mittelalter muß er zwischen zwei Brüdern geteilt sein. Urkundlich begegnen wir dem Namen der Gemeinde in der so oft erwähnten aus dem Jahre 1030 stammenden Stiftungsurkunde der Matrone Reinmod. Hier heißt der Ort Wathalhem. Ein kirchliches Heberegister aus dem Jahre 1373 nennt die Bauerschaft schon Wadelheim. Nach einer Markenrolle waren im Jahre 1400 Rungenhuß-Runge, Windemöller-Winnemöller, Woltering-Wolters, dat Beckenhuß-Baakmann, dat Rosterhuß-Roß, de Hof to Wadellheimb-Schulte Wadelheim, dat Schürhuß-Schümeyer, dat Wischehuß-Wiesmann markenberechtigt. Sie alle hatten Anrecht an der "Großen Mark", die sich von Emsdetten bis nach Salzbergen hinzog. Es bestand im Rechte, Blumenholz, d. h. Buchen und Eichen, zu baulichen und Duftholz zu wirtschaftlichen Zwecken zu fällen. Der Schulte von Wadelheim übte das Amt eines Markenrichters aus. Dieses Gericht fand alle Jahre in Hauenhorst im Warelt (Bauer Warelmann) statt. Die Amtsleute von Rheine und Bevergern machten dem Schulten das Recht in einer Beschwerdeschrift des Jahres 1571 streitig. Nach 1818 hatte Wadelheim mit Bentlage eine gemeinsame Mark. Die Wadelheimer Mark wurde 1830 geteilt. Sie war nach dem Generalvermessungsregister reichlich 1100 Morgen groß. Noch lebhaft in Erinnerung ist die alte "Teentschüre" (Zehntscheune), wo der Zehnte verschiedener Bauern zusammengebracht wurde. Sie stand auf dem alten Winnemöllerschen, jetzt Brinkerschen Hofe. Der Dreißigjährige Krieg muß Wadelheim besonders stark zugesetzt haben. So lag der Woltersche Hof lange Zeit verwüstet, da die Bewohner geflohen waren. Nach einem kirchlichen Heberegister war Wadelheim schon im 18. Jahrhundert reich besiedelt. Jeder Bauer hatte ein oder zwei Heuerleute, der Bauer Wiesmann deren sieben. Dieser Hof mit seinem alten däfftigen Wohnhause ist noch jetzt der Typ eines echten westfälischen Bauernhofes. Der Besitzer des Hofes verlor das prächtige Anwesen zur Zeit der Kontinentalsperre als Folge seines dreisten Schmuggelns, so daß es geteilt wurde. Eine Schule läßt sich in Wadelheim erst um 1800 nachweisen, und ihr Werdegang bis zum jetzigen dreiklassigen System bringt interessante Einzelheiten.
Meyering, Lehrer (Rheine).

Bentlage

In Bentlage hatte die Gräfin Reinmod von Kappenberg mit ihrer Tochter Frederun um 1030 eine Kirche errichtet. Der Plan, sie zur Pfarrkirche zu erheben scheiterte, und die Gertrudiskapelle zu Bentlage blieb von Rheine abhängig. 1447 ließen sich hier die Kreuzherren nieder, erwarben die Kapelle und erbauten neben dem angekauften bischöflichen Hofe Nieder-Bentlage erst eine hölzerne, dann 1468-1484 eine steinerne Kirche und 1463-1504 ein Kloster. 1550 beteiligten sich die Kreuzherren an dem von Bischof Franz von Waldeck unternommenen Bau des Steindammes an der fürstbischöflichen oder Herrenmühle zu Rheine durch die Ems. 1594 wurde das Kloster im spanisch-oranischen Kriege von den Spaniern ausgeplündert. 1611 überließen die Mönche den Söhnen des Marschalls Hermann von Velen die Salzwiese oder Loge, wo schon 1440 Salzbrunnen in Betrieb gewesen waren. Hier wurde dann das noch heute bestehende Salzwerk Gottesgabe errichtet. Der Salinenkanal von der Herrenmühle bis zum Gradierwerk ist 1745 angelegt worden. 1647 wurde das Kloster, dessen Westflügel erst 1645 vollendet war, von den Schweden verbrannt. Der Neubau der Kirche und des Klosters erfolgte dann von 1651 bis 1657. Im Jahre 1803 wurde das Kloster säkularisiert und dem aus Belgien stammenden Herzog Wilhelm Joseph von Looz-Corswarem überwiesen. Die Klosterkirche wurde abgebrochen und das Kloster selbst in das Residenzschloß der neuen Fürsten von Rheina-Wolbeck verwandelt. Der Herzog Wilhelm Joseph starb aber schon 1803 und wurde im Kreuzgang des Klosters beigesetzt. Sein Sohn Arnold verlor 1806 die Landeshoheit und starb 1827 zu Bentlage,ohne Nachkommen zu hinterlassen. erst 1839 wurde Napoleon Graf Lannoy de Clervaux nach langem Prozesse als Erbe anerkannt. Dessen ältester Sohn Graf Arthur starb 1895 ohne Nachkommen, worauf dessen Bruder Edgar das Fideikommiß erhielt.


Tor des Bentlager Schlosses                                                                          Foto Otten, Rheine

Als dieser 1912 verstarb, wurde es wegen der zweifelhaften Erbfolge unter Sequester gestellt und nach langjährigem Prozesse dem Herzog Karl Emanuel von Looz und Corswarem zugesprochen, der es nun im Besitz hat. In Bentlage lag auch die ehemalige Devesburg; diese Wasserburg war Besitz der Herren von Hake bis 1489, dann der von Bevern und seit 1627 der von Twickel.
Berühmt sind die Bentlager Münzfunde auf dem alten Kevenbrinkschen Erbe aus dem Jahr 1853, wo Arbeiter bei einer Anlage von Wiesen nicht weniger als 45 Stücke Tournosen und 6908 Denare in zwei irdenen Henkelkrügen fanden.
Meyering (Rheine).


Blick aus dem Bentlager Wald
auf die Ems
Foto Otten, Rheine



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