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                   Der Hof Ton lutken Wyschen
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                   Der alte Hof Wolters in Wadelheim


In der Schatzungsliste vom Jahr 1534, die der Bischof Franz von
Waldeck über den gesamten Viehbestand seines Oberstifts Münster
anfertigen ließ, werden für die Bauerschaft Wadelheim zehn Bauern-
höfe ausgewiesen, von denen bisher drei Höfe dem Namen nach unbe-
kannt waren.

Nachdem der Hof Beerboem urkundlich als der Hof Plagemann-Ruten
nachgewiesen werden konnte, lüftet nun auch der zweite Hof "ton
lutken Wyschen" den Schleier seiner wechselvollen Geschichte,
während der dritte Hof mit Namen Gerd de Meyderink noch nach sich
suchen läßt.

Heute wollen wir uns mit dem alten Hof Wolters beschäftigen, der
nun vom Bauer Winnemöller-Wolters bewirtschaftet wird. In einer
Markenrolle vom Jahre 1469 wird das Anwesen als Hof Wolterdink
aktenkundig. Im Verlauf der Jahrhunderte erscheint der Hof als
Wolter, Woltermann und Woltermanns Erbe.

Wohin der Hof von altersher gehörte oder wer ihn eigenhörig besaß,
läßt uns die Markenrolle von 1469 nicht wissen. Wie bei vielen
Bauernhöfen, so ist auch der Hof Wolter nicht von namenseigenem,
sondern von fremden Bauernblut bewirtschaftet worden. Der Bauer
Jan Dutum, gebürtig aus Dutums Hütte, die schon vor 1534 in Nähe
der Gastwirtschaft Blanke auf dem Dorenkamp gestanden haben soll,
ist es, der in einer Urkunde über das Alter des Hofes aussagt.


Ein Wehrfesterhof
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In einem Gesuch, das er an den derzeitigen Richter und Gografen
richtete und das er mit drei Kreuzen unterschrieb, beginnt er
wie folgt:

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"Ich, der Zeller Johan Dutum, genannt Wolters, W e h r f e s t e r
        auf Woltermanns Erbe ..."

Zur Geschichte unseres heimatlichen Brukterergaues wäre zu sagen, daß
die ersten Bauern, die sich hier ansiedelten, sich oft fremder Menschen
uns auch Tier erwehren mußten. Diese Bauern waren nach Hch. Vollmer,
M.-Gladbach 1903, freie Männer auf freier Scholle, die sich nach ihren
als Wehren bezeichneten Höfen Wehrfester nannten, Angesichts der Tat-
sache, daß sich die Besitzer des alten Hofes Welschemeier im Schotthock,
der das älteste Anwesen rechts der Ems sein soll, ebenfalls als Wehr-
fester bezeichneten, dürfte auch der Wehrfesterhof Woltermann sehr alt
sein.


Es ging um Rolevings Länder
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Eine Urkunde aus dem Jahre 1593 berichtet uns, daß vor dem Richter
Johan Kremer ein Hermann Woltermann und Frau aus ihrem Hause auf dem
Thie und aus ihren Rolevings Ländereien in der Bauerschaft Wadelheim
eine Rente an Heinrich Bodde und Frau verkauften. Dieser Heinrich Bodde
und dessen Frau Anna von Beveren (von der Devesburg?) verkaufen im
Jahre 1604 dem Gemeinen Hospital eine Rente aus den Rolevings Ländereien
in Wadelheim. Wo heute diese Aecker in der Bauerschaft liegen, ist
unbekannt.

Mehr Licht in die Geschichte dieses alten Hofes bringt eine Urkunde
aus dem Jahr 1636. Es heißt dort, daß vor dem Richter und Gografen
Johan von Beisten eine Anna von Wysche, Witwe des Bürgermeisters Ludger
Vennemann, dem Berndt Woltermann und dessen Frau Fenne zu Wadelheim
3 Scheffelsaat Land im Wadelheimer Holle zwischen Heinrich von Wysche
(ihr Vater?) und Rungen Land verkauft.


Die Stadt Rheine bot Sicherheit
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Da im Jahre 1534 der Hof Wolters in der gesagten Schatzungsliste nicht
genannt, der Hof ton lutken Wyschen aber aufgeführt wird und die Anna

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von Wysche dem Berndt Woltermann im Jahre 1636 Grund in der Bauer-
schaft Wadelheim verkaufte, darf man annehmen, daß die Anna von
Wysche aus dem Hof ton lutken Wyschen kam. Der elterliche Hof der
Anna von Wysche wurde im Verlauf des 30jährigen Krieges verwüstet,
was der Bauer Dutum, gen. Wolters, in der vorerwähnten Urkunde nach-
weisen konnte, daher wird die Anna von Wysche gern in die mehr
Sicherheit bietende Stadt gezogen sein. Ihr Mann, Ludger Vennemann,
der als 2. Bürgermeister der Stadt im Jahr 1623 starb, wurde be-
kannt bei der Niederwerfung der ungehorsamen Stadt Rheine durch den
bischöflichen Landesherrn im gleichen Jahr 1623.

Erstmalig wird im Jahr 1498 in einer bischöflichen Willkommschatzung
ein Johan thon lutken Wysche genannt. In der Viehschatzung vom Jahr
1534 wird der alte Hof ausgewiesen mit 5 Pferden, 4 Kühen, 2 Rindern,
20 Schafen, 2 Schweinen, 2 Bienenvölkern, es half eine Magd auf dem
Hof, welcher an Steuern 5 Mark, 1 Schilling und 2 Pfg. aufbringen
mußte.


Wechselvolles Schicksal
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Nach der Zerstörung des Hofes im 30jährigen Krieg, bei der nach münd-
licher Ueberlieferung der Bauer mit Frau umgekommen sein sollen, ist
es mit dem Hof bergab gegangen. Noch 30 Jahre nach diesem Krieg, im
Jahr 1679, wird in einer Steuerliste der Hof als Ganzerbenhof und
als vacat = unbesetzt sowie mit einer Steuerlast von 3 Schilling und
6 Pfg. bezeichnet. Es heißt dort weiter: "... und ist dies Land erb-
lich verkauft."

Eine Wittib Woltermannske war 1679 Heuerling beim Bauer Hermann Rost
(Rostes hus), sie gab 1 Schilling und 9 Pfg. Steuer. Um diese Zeit
wird der Hof von der Familie ton lutken Wyschen von dem Bauer Dutum,
der in diesen Hof einheiratete, käuflich erworben worden sein.

Die Chronik will wissen, daß der Hof, der jahrzehntelang wüst lag,
in dieser Zeit manche Ackerstücke verlor. Jedoch konnte der Jan Dutum

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das Erbe wieder zusammenbringen, aber nur mit Hilfe zweier Freunde,
einem Frhr. von Rump vom Hause Stovern und dem Rentmeister Wessels
vom Falkenhof.

Nach dem Jahr 1800 werden als Besitzer von Woltermanns Erbe genannt:
Joh. Bd. Dutum und Elisab. Röwemeier, sowie Joh. Dutum und Elisab.
Gelker. Als der letzte Dutum verstarb, übergab die Witwe den Hof an
Joh. Bd. Brüning, ebenfalls aus Dutum, der die Tochter Anna Maria
Wolter heiratete. An Lasten lagen auf dem Hof ferner: 5 Scheffel
weißer Weizen, 1 Scheffel Gerste und 30 Pfg., angemeldet im Jahr
1816 vom Pastor Dr. Bispink, St. Dionysius Rheine.
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Quellen: Falkenhoftruhe im Städt. Archiv
         Chronik der Wadelheimer Schule
         Akten des Domkapitels