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                          Johanniter-Kommende
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Der heutige Staatsbürger, gleich ob Besitzer, Erzeuger oder Ver-
braucher, hat sich längst damit abgefunden, daß er Steuern zah-
len, jene Abgaben an den Staat abführen muá, die zur Deckung
seiner Bedürfnisse notwendig sind.


Anders war es in grauer Vorzeit, wo jeder Inhaber von Gütern,
gleich ob große oder kleine, selbst adelige Dienstmänner von
ihren Einkünften aus königlichen Gütern zehntpflichtig, abga-
benpflichtig waren.




Gebet dem Kaiser ...
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Die sog. Heberegister der kirchlichen und weltlichen Grundherren,
Klöster, Pfarreien u. a. bildeten die Grundlage der Abgabenbe-
messung. Nach dem Heberegister des Klosters Werden (Ruhr) zahlte
im 12. Jahrhundert der Bauer Liabbern aus Binutloga (Bentlage)
an die Klosterfiliale Emsbüren alljährlich 32 Scheffel Winter-
weizen und den Heerschilling, dieser war eine Art Heersteuer.
Später mußte er zahlen: 8 Scheffel Weizen, 1 Krug Honig, 3 Schwei-
ne auf Simon und Judä (28.10.), 2 Schillinge, (12 Denare gingen
auf den Schilling), 1 Denar für ein Rauchhuhn und 1 Denar für
den Königsdienst, das war eine Zusteuer zu den dem Klosterabt
durch die Bewirtung des Königs erwachsenen Kosten. Der Hof des
Bauern Liabbern in Bentlage ist nicht mehr nachweisbar.




... und Gott, was Gottes ist!
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Nach dem Heberegister des Pfarrers Petrus de Adenauwe aus dem Jahr
1373 gehörten zur Kirche St. Dionysius in Rheine 17 Bauerschaften,
die "alle an der Kirche taufen und begraben" mußten. Hierfür war
dem Pfarrer der Zehnte von allen Einkünften und Erträgen zu ent-
richten. Die Grundlage der Abgaben bildete das dem Pfarrer zu-
stehende Meßkorn (missaticum), über welches man der Meinung ist,
daß es von den ältesten christlichen Zeiten überkommen ist. Es
ist das Verdienst des Pfarrers Bernhard Pietz (1891 - 1915), daß
auf seine Anregung hin das Meßkorn durch Abkauf gänzlich in Weg-
fall gekommen ist.

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Nach dem Rheiner Meßkorn zahlte: Bentlage mit den Kolonaten
Schulte Schwevink (Schweifink), Schulte Bentlage, Vorstmann,
Kevenbrink, Stockmann je ein Scheffel Gerste oder Weizen. Die
beiden Vikarienhäuser Lüdering und Lobben-Hus (heute beide verschwun-
den) je 1 Scheffel Gerste. Falkenhof (mit Ballinghof, der ver-
schwunden ist) 3 Scheffel Roggen, der Edle von Bevern zur De-
vesburg am Unland deren vier.


Von den Zehnten wurde ein Viertel an den Bischof abgeführt. Das
zweite Viertel diente als Unterhalt des Pfarrers und seiner ihm
unterstellten Priester, der Rest wurde für die Bedürfnisse des
Gotteshauses und für die Versorgung der Armen und Hilflosen ver-
wandt.




Ein reicher Nachbar
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Unter den Gebietsgroßen der näheren und weiteren Umgebung nahm
in alten Zeiten die sonst unbekannte Steinfurter Johanniter-
Kommende eine besondere Stellung ein. Eine Kommende hat kirch-
liche Pfründe ohne geistliche Pflichten. Aus der Geschichte
der Kommende wissen wir, daß dieselbe geschichtlich oft als
Hospitalhaus des Johanniter- oder Maltheserordens Erwähnung
findet. Sie wurde im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts von
den Edlen von Steinfurt begründet und wird zuerst im Jahr 1222
urkundlich erwähnt. Im Jahr 1270 erhielt die Kommende von den
Begründern das Patronatsrecht über die Pfarr(Große)-Kirche und
1388 über die Stadt-(Kleine-)-Kirche zu Burgsteinfurt.


Es bestand der Konvent im Jahr 1545 aus 16 Personen, sechs Ritter-
brüdern, dem Prior oder Kirchherrn zu Steinfurt, einem Diakon,
sieben anderen Priesters und einem Subdiakon unter Leitung eines
Komthurs, der meistens auch Balier (Verwalter) von Westfalen war.


Die Münstersche Kommende war eine nach 1282 gegründete Filiale
der Steinfurter Kommende.


In der Reformationszeit blieb die Kommende trotz Schwankens eini-
ger Komthure dem alten Glauben treu und verlor deshalb 1564 das
Patronatsrecht über die Große Kirche und die dazu gehörenden um-
fangreichen Besitzungen und Kirchengüter. Seit dem 30-jährigen

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Krieg wohnten die Komthure meist in Münster auf ihrer Filial-
kommende. Die Kommende, sowohl in Steinfurt als auch in Mün-
ster, wurde im Jahr 1811 von Napoleon aufgehoben, ihre Güter
wurden zu den kaiserlichen (französischen) Domänen geschlagen,
zum Teil verschleudert, der Rest kam 1816 an das Haus Bentheim.


Wichtig für die Änderung der damaligen Gesellschaftsordnung wa-
ren auch die von Napoleon erlassenen Dekrete, wodurch im Jahre
1808 die Jahrhunderte alte Leibeigenschaft und ebenso alten
Lehnsrechte aufgehoben wurden.




Aus der Zeit der Kreuzzüge
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In unserer Stadtgeschichte findet die Wirksamkeit der Steinfurter
Kommende keine Erwähnung und doch konnte sie in unserer Stadt,
vor allem aber in unseren benachbarten Bauerschaften schon bei
ihrer Begründung festen Fuß fassen. Eine alte, aufschlußreiche
Urkunde, die bis in die Zeit der Kreuzzüge zurückreicht, beleuch-
tet das stetige Wachsen des umfangreichen Besitzes durch Schen-
kungen, Übereignungen u. a.


"Im Jahr 1281 ist von einer Mechthild, Edelfrau von Holte, die
Rede, deren Sohn Johann, Edelherr von Arenberg, durch den Tod
daran gehindert wurde, sein Gelübde, zum heiligen Land zu zie-
hen, wahr zu machen. Sie schenkt als Ersatz zum Heile seiner
Seele der Steinfurter Kommende die Kirche in Walsum (Rhein) mit
dem Wunsche, daß die Ordensbrüder dort Aufenthalt nehmen."




Schloß Stovern wechselt den Besitzer
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"Otto, Graf von Bentheim, beurkundet im Jahr 1269, daß die Jo-
hanniter in Steinfurt von seinem Dienstmann Konrad Hirsch (Cerus),
dessen Frau Jutta und Schwester Frederuna den Hof Stovern in der
Pfarre Salzbergen für 6 Mk. 2 Schill. erworben haben."


Besitz schon vor Rheines Stadtwerdung


"Im Jahre 1251 verkauft Graf Otto von Tecklenburg der Steinfurter
Kommende seine freien Güter in Rene (Rheine)."

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Weitere bekannte Höfe, die den Steinfurter Johannitern pflich-
tig waren: in Altenrheine: Hof Lansinck (Lencink), jetzt Lanze,
Hof Gocking, Jetzt Gösking, Hof Groten Gerdt, jetzt Graute, Hof
Joh. Berdeker, jetzt Bätker (sämtliche im 14. Jahrh.); in Katen-
horne, Borcktorpe: Hof Dat Vorde (seit 1310), jetzt Wörmann, Hof
Dat Goerhues (seit 1310), jetzt Gahrmann; in Mesum: Hof Hohswede,
jetzt Haspert (1480 Kloster Bentlage); in Dutum: Hof Ewert van
Duthem, jetzt verschwunden; in Wadelheim: Dat Schür-hues,
Schürmeyer (seit 1379), heute Wirt Stockmann.


Letzter Zeuge: das alte Haus der Kommende in Burgsteinfurt.


Es sind uns keine Hinweise darüber überliefert, daß die Ordens-
herren, außer in der Kranken- und Armenpflege, fördernd auf das
religiöse oder soziale Leben - außer in Burgsteinfurt - in der
Umgebung einwirken konnten. Lediglich können wir der Stadtgeschich-
te Burgsteinfurts entnehmen, daß nach dem Überfall der Grafen Bernd
und Arnd von Steinfurt auf die Stadt Rheine im Jahre 1457 die Jo-
hanniter alljährlich am 30 Oktober in der Großen Kirche zu Stein-
furt eine Memoiere (Gedenkfeier) für die beim Überfall auf Rheine
Gefallenen zu halten hatten.