- 99 -

               Wadelheimer Bauernhof mit Vergangenheit
               ---------------------------------------

In der Nr. 55 der MV erwähnt Dr. Tönsmeyer in seinem Artikel:
"Teilung der Allmende in Rheine" den Namen Frl. Therese von Poseck.
Mancher Wadelheimer wird sich gefragt haben, wie dieses adelige
Fräulein auf die Liste der allmendeberechtigten Bauern und Kötter
von Wadelheim kommt.

Maria Theresia von Poseck war die Aelteste von drei Geschwistern,
es zählten noch dazu der Canonicus. später Benefiziat genannt,
Theodor von Poseck und Helene Maria von Poseck. Allen Dreien gehört
lt. Erbvertrag aus dem Jahre 1831 der Burbaumskotten, besser be-
kannt als "Plogmanns Hoff", heutiger Besitzer Heinrich Ruten, Wadel-
heim Nr. 14.

Die von Posecks waren Nachfahren des Oberstleutnants von Poseck, vom
in unserer Stadt stehenden von Nagel'schen Dragonerregiment, das
1768 nach Rheine kam und 1790 wieder abzog. Der genannte Oberst-
leutnant gehörte zum Kreis derjenigen Offiziere, wie Oberst v. Wun-
schewitz, die Rittmeister v. Hamilton und v. Weyhrother, die in
unserer Stadt den Staub von ihren Soldatenstiefeln schüttelten und
durch Heirat mit vermögenden Bürgertöchtern und -witwen das Bürger-
recht erwarben.

Ueber die Glückliche, die von dem Oberstleutnant v. Poseck geehe-
licht wurde, kann ich nichts Bestimmtes berichten. Nach einer Unter-
haltung über alte Familiennamen, die ich mit dem Heimatforscher Franz
Kolck hatte, rechnete er dieselbe zum Kreis der begüterten Familien
Stüve und Maerle. Später jedoch hat Franz Kolck veröffentlicht, daß
der Oberst von Wunschewitz die Witwe des Amtsrentmeisters Franz J.
Maerle heiratete. Der v. Wunschewitz ist in der Geschichte der Stadt
Rheine so gut wie unbekannt, während dem Namen v. Poseck stadtge-
schichtlich mehrfach Erwähnung getan wird. Sollte hier eine Ver-
wechslung vorliegen? Jedenfalls läßt das Benefiziat des Theodor v.
Poseck vermuten, daß er und seine Schwestern finanziell unabhängig
waren.

                                - 100 -
                                 - 2 -

Die Vermutung findet ihre Gewißheit auch darin, daß zu damaliger
Zeit viele Geistliche aus dem Adel eben wegen ihrer Unabhängig-
keit sich um die Gewinnung von Aemtern und Pfründen bemühten, um
auf diesem Wege zu höheren Kirchenwürden aufzusteigen. Bei dem
Besitztum, welches die Rheinenserin dem Offizier a.D. mit in die
Ehe brachte, handelt es sich in erster Linie um einen damals bei
den Honoratioren der Stadt beliebten Sommeraufenthalt auf dem Lande,
denn die Familie v. Poseck hatte ihr Wohnhaus in der oberen Ems-
straße.


Alte Rechte wurden gewahrt
--------------------------
Der folgend beschriebene Verkaufskontrakt vermittelt einen interes-
santen Einblick in die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse,
in kirchenrechtliche Gesetze sowie in überlieferte Feudalrechte.
So erschienen am 2. August 1845 vor dem Königlich Preußischen
Justizkommissar und Notar Anton Meyenberg zu Rheine der Wagenmacher
Gerrad Plagemann aus Gravenhorst mit seinen Instrumentszeugen, dem
Tuchmacher Anton Eilker und dem Brückenwärter Anton Brüning, beide
aus Rheine, um von den ebenfalls erschienenen Herrn Benefiziat
Theodor v. Poseck und Fräulein Maria Theresia v. Poseck, aus Rheine,
den sogenannten Beerbaumskotten, achter Scheepers Kamp, zu Wadelheim,
Kirchspiel Rheine, in Größe von 70 Morgen für 1800 Taler zu erwerben.


Man kann sich des Schmunzelns nicht erwehren, wenn man zu Anfang
des Kontrakts liest: "Vor mir, dem Königlich Preußischen Justiz-
kommissar erschienen ... und daß dem bürgerlichen Käufer und seinen
beiden Zeugen die üblich höfliche Anrede versagt blieb, während die
beiden Verkäufer mit Herr und Fräulein bedacht wurden."


Beständige Lasten, die auf dem erworbenen Bauernkotten ruhten, waren:

1. Jährlich ein Huhn und sechs Pfennige Krautgeld an den zeitlichen
   Herrn Pastor in Rheine auf die lfd. Nr. 1 - 31 des Titelblattes
   (Verzeichnis der Flur-Nr.) angemeldet vom Pastor Dr. Anton Bisping.

2. Der Blutzehnte sowie auch der Kornzehnte aus einem Teil des Kampes
   "an der bösen Stegge", an das adelige Haus Vennhaus, angemeldet
   von dem Rentmeister Leusmann vom Hause Vennhaus.

                                - 101 -
                                 - 3 -

3. Jährlich ein Huhn an den zeitlichen Küster von St. Dionysius
   in Rheine auf die Parzellen Nr. 1-31 des Titelblattes, ange-
   meldet von dem Küster Fischer aus Rheine.


Ländlicher Friede überall
-------------------------
Fast die Hälfte der Parzellen war als Mittelholz, Schlagholz und
Heide ausgewiesen. Zu dem Hof gehörte ein Heuerhaus mit dem dazu-
gehörigen "Krückengoren". Alte Flurnamen, welche uns Fragen aufgeben,
sind: Auf der Steinburg, Im Füchtenvenn, Kornweg und die noch heute
gebräuchliche Bezeichnung einer früheren Holzung, jetzt Wiese:
"Plogemanns Hilgenstöhlken". Ob hier in früherer Zeit ein Kreuz
oder Mariensteinbild gestanden hat?


In alten Schriften ist zu lesen, daß außer dem kleinen Anrecht auf
die vorerwähnte Allmende von Rheine, die lt. Dr. Tönsmeyer mit einem
Morgen zu 2 Talern taxiert war, auch ein Torfrecht auf 27 a und 69 qm
im Weißen Venn in Emsdetten zu dem Hof gehörte. Das Torfrecht wurde
1918 für 44,80 Mark eingelöst.


Aus der Zeit, in der die Geschwister v. Poseck den Bauernkotten in
Besitz hatten, sind so gut wie keine Zeugen überliefert. Nur die
beiden Herdplatten mit kirchlichen Ornamenten am damals offenen Herd-
feuer und eine Balkeninschrift in der alten Scheune "Renovarum 1797"
sind Erinnerungen an jene alte Zeit.
                                -.-



Quelle: Geschichte der Stadt Rheine von Dr. Anton Führer