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                   Verlust von Hab und Gütern
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            Auswanderer vom Militärfiskus verurteilt


Wohl alle Familien der um Rheine liegenden Bauern und Kötter
haben seit jeher die Eigenart und ihre geschichtlichen Beson-
derheiten. Viele alte Bauerngeschlechter stellten den Schulten,
den Holzvogt, den Meyer oder auch namhafte Persönlichkeiten des
Militärstandes und der Miliz. Alte Schatzungslisten und Lohn-
herrenbücher offenbaren es uns.

Eingebettet in die uralte Flur von Bentlage liegt das Anwesen
des verstorbenen Kötters Karl Stegemann, dessen Name oft zu
Verwechslungen mit Stiegemann führte. Die Hofnachbarn können
sich mit dem Alter ihrer Ackerscholle wohl sehen lassen. Da
sind zunächst das Kloster Bentlage mit seiner Vorgängerin,
der Gertrudiskapelle, seit dem Jahre 1032, der Hof Forstmann,
früher genannt "thom Vorste", seit 1150, Luke Kerenbring, heu-
te Westermann, und Vluchts Kotten, heute Piepel, die seit dem
Jahre 1450 nachweisbar sind. Es ist aber nicht ausgeschlossen,
daß diese Anwesen viel älter sind.


Eine neue Heuerstelle
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In früheren Jahren bewohnte dieses Anwesen, das zum Kloster Bent-
lage gehörte und später auch aus den Gründen des Klosters gebil-
det wurde, einer Familie Laugen, wohl genannt nach der bei Stege-
man beginnenden und bis kurz vor Bauer Forstmann reichenden Flur
"de Lauge".

Es scheint, daß ein Joan Gerd Steggemann in den Hof Laugen ein-
geheiratet ist; denn im Jahre 1798 wird er in einem Registrum
"so die auf das Kloster Bentlage wohnend Heuerleuthe" genannt.
Er ist es auch, der die Heuerstelle vom Kloster Bentlage in Erb-
pacht übernehmen konnte.

Die Urkunde darüber lautet, daß die Eheleute Joan Gerd Steggemann
und Frau Gertrud, geb. Gehring, den Kotten Steggemann am 17. Sep-
tember 1802 vom Kloster Bentlage gegen Zahlung von jährlich 17
Reichsthalern und vier Silbergroschen in Erbpacht genommen haben.

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Das Testament der ersten Stegemanns
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Am 4. Oktober 1847 wurde vor dem Justizcommissar und Notar Hermann
Crone und den Instrumentszeugen, dem Gerichtsboten Wilhelm Tappe
und dem Schuhmacher Georg Sündker, von den Eheleuten Gerhard Stege-
mann ein Testament verfaßt, wonach dem ältesten Sohn, dem Ackers-
mann Bernard Stegemann, der Kotten Stegemann in Bentlage Nr. 20
übertragen wurde.

Es war ein üblicher letzter Wille mit allen Verpflichtungen zur Un-
terhaltung und Pflege der abziehenden Eltern in gesunden und kranken
Tagen, bei Zahlung von wöchentlich sechs Silbergroschen Taschengeld.
Außerdem hatte der Sohn seinen Eltern jeden Morgen den üblichen Kaf-
fee zu geben und seinem auf dem Hof lebenden Bruder Gerhard Stegemann
die erforderliche Kost und Wohnung.

Die Eheleute Stegemann bemerkten hierbei, daß sie außer den genannten
Söhnen Bernard und Gerhard noch zwei weitere Söhne hätten. Der älteste
namens Heinrich sei im Jahre 1844 und der jüngste, Hermann, im Jahre
1846 nach Amerika ausgewandert, ihr Aufenthalt sei aber sonst unbe-
kannt. Die Eheleute Stegemann geben den Wert ihres Kottens mit vier-
hundert Talern an. Die Handunterschriften wurden mit Kreuzen gemacht.


Die Auswnderer wurden reich
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Der jüngste der Auswanderer, die anderswo in der Welt ihr Glück ver-
suchen wollten, nahmen eine Tochter vom Bauernhof Forstmann, Bentlage
Nr. 10, mit in die Fremde. Es handelt sich hierbei um die im Jahre
1821 geborene Tochter Anna Maria der Bauersleute Bernard Forstmann
und Frau Gertrud, geb. Hovekamp, aus Hauenhorst.

Beide Brüder waren "Timmerlüde" (Maurer- und Zimmerleute) und brach-
ten es in Amerika zu einem ansehnlichen Vermögen. Man hat jedoch, wie
aus Familienkreisen verlautet, sowohl von den Brüdern als auch von
der mitgenommenen Tochter Anna Forstmann nichts mehr gehört.

In den letzten 30 er Jahren traf ein Schreiben aus Amerika bei der
hiesigen Stadtverwaltung ein. Es war gerichtet an den Bauer Stiege-
mann in Bentlage, es zeigte an, daß zwei ausgewanderte Brüder aus

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Bentlage eine größere Erbschaft hinterlassen hätten, und man suche
nun den oder die Erbberechtigten. In Bentlage jedoch wohnte kein
Stiegemann, wohl ein Bauer namens Stegemann. So blieb die Erbschafts-
angelegenheit vorerst zurückgestellt. Später, nach Jahren, fand sie
doch noch eine zufriedenstellende Erledigung.


Des Vermögens für verlustig erklärt
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Die Auswanderung des jüngsten, Hermann Stegemann, hatte noch ein ge-
richtliches Nachspiel; denn er hatte es versäumt, sich bei den Mili-
tärbehörden, beim Bezirkskommando, abzumelden und gleichzeitig seine
Auswanderung anzuzeigen, die man ihm nicht genehmigen konnte.

Am 14. 11. 1848 wurde in einer Gerichtsverhandlung vor dem Militär-
fiskus in Münster unter dem Vorsitz der Richter, Oberlandesgerichts-
räte von Detten und von Frunsberg, über den ausgetretenen Kantonisten
Hermann Stegemann aus Bentlage verhandelt.

Er wurde demgemäß verurteilt, daß er seiner gesamten gegenwärtigen
und zukünftigen Hab und Gütern für verlustig erklärt und ihm die
Kosten des Gerichtsverfahrens zur Last gelegt wurden.